Historische Häuser: Dosiert Energie sparen

In der Medizin gilt der Lehrsatz des Paracelsus "Allein die Dosis macht's". In Anlehnung dazu kann für die energetische Modernisierung von historischen Häusern der Grundsatz lauten: "Allein die Energiespardosis macht's". Ist die Dosis zu hoch, wirkt sie wie Gift und zerstört den historischen Charakter des Hauses.

Doch was sind historische Häuser? Dazu zählen alle Altbauten, die architektonisch, städtebaulich oder baugeschichtlich wertvoll sind. Das sind nicht nur eingetragene Baudenkmäler und Gebäude in Denkmal-Ensembles. Historische Häuser sind auch alte Fachwerkhäuser und Gründerzeitbauten sowie qualitätvolle Gebäude aus jüngeren Bauepochen bis hin zur sogenannten Nachkriegsmoderne der 1950er- und 1960er-Jahre.

Baugeschichte bewahren

Historische Häuser haben meist eine aufwendig gestaltete Straßenfassade, die den gesellschaftlichen Status des Erbauers widerspiegelte. Dieses repräsentative Antlitz kann eine Wärmedämmung von außen oder der Einbau einflügliger Fenster leicht zerstören. Deshalb sollte bei historischen Häusern auf alle Maßnahmen verzichtet werden, die das althergebrachte "Gesicht" des Hauses beeinträchtigen.

Für die energetische Modernisierung historischer Gebäude sind Konzepte gefragt, die das Erscheinungsbild des Hauses nicht beeinträchtigen.

Bei historischen Häusern zählt aber nicht nur die Qualität der Fassade. Ebenso wichtig ist ihre städtebauliche Bedeutung. Denn die Anziehungskraft, die ältere Stadtviertel auf die meisten Menschen ausüben, prägen auch die weniger auffälligen Altbauten in diesen Quartieren. Beim energetischen Modernisieren historischer Häuser sollte man deshalb auch mit einfach gestalteten Altbauten respektvoll umgehen und den historischen Charakter bewahren.

Ziel ist Energiesparen ohne Nebenwirkungen

Manche Fachleute behaupten, Wärmedämmung zerstöre das Erscheinungsbild historischer Häuser. Diese generelle Kritik ist aus mehreren Gründen nicht haltbar. Zum einen wirft sie Wärmedämmung und Fassadendämmung in einen Topf. Fassadendämmung ist aber nur eine von drei Arten der Wärmedämmung älterer Gebäude. Die beiden anderen sind die Dach- und die Kellerdeckendämmung. Diese Dämmmethoden stören das Erscheinungsbild eines historischen Hauses überhaupt nicht.

Zum anderen kann man eine historische Fassade auch von innen dämmen. Dann bleibt äußerlich alles so, wie es ist. An schmucklosen Giebelfronten und Hoffassaden ist obendrein eine Dämmung von außen möglich, ohne dass sich das Erscheinungsbild des Hauses ändert.

Bei Innendämmungen sollten nicht nur die Außenwände, sondern auch Wände zu unbeheizten Gebäudeteilen wie etwa das Treppenhaus gedämmt werden. (Foto: Saint-Gobain Rigips)

Im Grundsatz sollten historische Häuser stets behutsam modernisiert werden und ohne den Ehrgeiz, Energiesparrekorde erringen zu wollen. Die "Energiespardosis ohne Nebenwirkungen" ist bei jedem Altbau anders. Sie schließt als Faustregel nur Maßnahmen ein, die sich mit dem Erscheinungsbild des Hauses und der alten Bausubstanz vertragen.

Ganzheitliche Energiesparlösungen gefragt

Ein historisches Gebäude energiesparend zu modernisieren ist in der Praxis aber eine Gratwanderung. Meist will der Eigentümer möglichst viel Energie sparen, ohne dass dabei die Kosten explodieren. Die Lösung für behutsames energetisches Modernisieren besteht darin, das Haus als Ganzes zu sehen und dafür ein - auch finanziell - passendes Energiesparkonzept zu entwickeln. Dazu sind genaue Kenntnisse über geeignete Energiesparmaßnahmen nötig. Der Hauseigentümer sollte deshalb unbedingt Fachleute zurate ziehen.

Als erste Anlaufstelle empfiehlt sich das örtliche Denkmalamt. Es berät auch Eigentümer, deren Haus nicht unter Denkmalschutz steht. Ein detalliertes Modernisierungskonzept erarbeiten können zertifizierte Sachverständige für die energetische Modernisierung von Denkmalen und erhaltenswerter Bausubstanz, die man im Internet unter www.energie-effizienz-experten.de findet. Diese erfahrenen Experten übernehmen nicht nur die Planung, sondern können auch baubegleitend tätig sein. Ihre kostenpflichtigen Leistungen bezuschusst die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit 50 Prozent der Kosten bis zu einem maximalen Zuschussbetrag von 4000 Euro.

In allen historischen Gebäuden mit einem unbeheizten Dachboden lässt sich ohne Einschränkungen die Bodendecke dämmen. (Foto: Saint-Gobain Rigips)

Behutsam modernisieren

In den letzten Jahren ist bei vielen Menschen das Bewusstsein für den Wert historischer Häuser gewachsen. Sie bewundern den Charme dieser Altbauten, aber auch den Gestaltungswillen und die Gestaltungsfähigkeiten früherer Generationen. Damit bei der Modernisierung eines historischen Hauses so wenig alte Bausubstanz wie möglich verloren geht, sollte der Eigentümer behutsam und stilecht modernisieren.

Denn „Gefahr“ für wertvolle alte Bausubstanz besteht immer dann, wenn ein Hauseigentümer - durchaus gut gemeint - gründlich modernisiert. Eine alte Haustür, die ein Unikat ist und eigentlich aufgearbeitet werden könnte, wird dann gegen ein Serienprodukt ausgetauscht. Alte, aber intakte Sprossenfenster weichen neuen Fenstern mit anderen Formen und Proportionen. Stuckgesimse, die die Fassade schmücken und gliedern, machen einer Wärmedämmung Platz auf einer nun glatten Fassade. Das Gebäude verliert so nicht nur unwiederbringlich historische Bausubstanz, sondern auch sein unverwechselbares Gesicht.

Bei der energetischen Modernisierung von Fachwerkhäusern ist Innendämmung heute allgemein üblich.

Die alten Sprossenfenster dieses Fachwerkhauses wurden repariert und zu Kastenfenstern umgebaut.

Behutsames und stilechtes Modernisieren dagegen erhält den Charakter eines alten Hauses. Die Eingriffe in die historische Bausubstanz bleiben möglichst gering. Alte Sprossenfenster zum Beispiel können für mehr Wärmeschutz zu Kastenfenstern umgebaut werden. Oder sie werden zu Verbundfenstern, indem auf die Fensterflügel von innen Zusatzscheiben aufgesetzt werden. Die Lebensdauer alter Fenster wird so deutlich verlängert.

Gerade Gebrauchsspuren und die übrige Patina auf alten Bauteilen haben einen besonderen Reiz. Sie sind Zeugnisse der langen Geschichte des Gebäudes. Wenn historische Bauteile rekonstruiert werden, sollten sie in Material, Form und Farbe stilecht sein. Als Vorlage für die Rekonstruktion können alte Pläne und Fotos dienen.

Energie sparen in Baudenkmälern

Der Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes muss beim energetischen Modernisieren viele Auflagen zu beachten. Er ist gesetzlich verpflichtet, die Fassade und die historische Bausubstanz der Immobilie zu erhalten. Bauliche Veränderungen müssen immer genehmigt werden. Dafür ist das örtliche Denkmalamt zuständig.

Als Ausgleich für die vielen Auflagen gewährt der Staat auch Vergünstigungen. Für Baumaßnahmen darf der Eigentümer höhere Abschreibungen steuerlich geltend machen. Bei Verkauf oder Vermietung des Hauses braucht er keinen Energieausweis vorzulegen. Und beim Modernisieren gelten bei den Vorschriften der Energieeinsparverordnung (EnEV) viele Ausnahmeregeln.

Die Vorschriften für den Wärmeschutz von Außenwänden müssen zum Beispiel nicht erfüllt werden, wenn eine Dämmung von außen das Erscheinungsbild des Hauses beeinträchtigen würde. Für die Schmuckfassade eines Gründerzeithauses oder für ein Fachwerkhaus kommt bei Baudenkmälern daher immer nur eine Innendämmung infrage. Nicht gestaltete Fassadenfronten, zum Beispiel an der Rückseite des Hauses, dürfen dagegen meist von außen gedämmt werden. Von den Anforderungen der EnEV darf der Eigentümer auch abweichen, wenn eine Wärmedämmung die alte Bausubstanz gefährden würde. Die Ausnahmeregelungen lassen so für die energetische Modernisierung von Baudenkmälern große Spielräume.

Eigentümer von Baudenkmälern müssen sämtliche Modernisierungsmaßnahmen vom Denkmalamt genehmigen lassen.

In vielen denkmalgeschützten Häusern lässt sich aber schon mit einer einfachen Maßnahme Energie sparen: Ist eine ältere Heizungsanlage eingebaut, reduziert der Austausch gegen einen modernen Brennwert-Heizkessel oder eine andere effiziente Heizungsanlage spürbar den Energieverbrauch. Bei Baudenkmälern mit einem hohen Energiebedarf können Heizanlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung sinnvoll sein.

Historische Häuser und Solarenergienutzung

Solarmodule und Sonnenkollektoren auf dem Dach eines historischen Hauses - passt das zusammen? Antworten auf diese Frage gibt der Umgang mit Solaranlagen bei Baudenkmälern. Wenn der Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses eine Solaranlage installieren möchte, muss das die Denkmalbehörde genehmigen. Denkmalpfleger beurteilen Solaranlagen auf historischen Dächern aber eher kritisch.

Das Hauptproblem ist, dass die großflächigen Felder von Solarkollektoren und Solarmodulen oft nicht zu den kleinteilig gegliederten Dächern historischer Häuser passen. Auch Material und Farbe der Solarpaneele harmonieren oft nicht mit dem historischen Dach. In so einem Fall ist bei Baudenkmälern eine Solaranlage aus Sicht der Denkmalpflege eine Verschandelung des Gebäudes, die nicht genehmigt wird.

Der Solarkollektor ist hinter der Dachgaube installiert und so von der Straße aus nicht sichtbar.

Historische Häuser und Solarenergienutzung müssen sich aber nicht grundsätzlich ausschließen. Es gibt auch historische Bauten, bei denen eine Solaranlage wenig oder überhaupt nicht stört. Zum Beispiel dann, wenn sie von der Straße aus kaum sichtbar ist. Bei Solaranlagen für Warmwasser reicht in vielen Fällen auch ein Dacheinbau der Kollektoren als akzeptable Lösung.

Unter Umständen können Solaranlagen sogar ein Gewinn für ein historisches Haus sein, etwa wenn das Dach einfach gestaltet ist. Gerade alte Häuser sind im Laufe ihrer Geschichte oft umgebaut worden und haben sich so verändert. In diese Tradition können sich Solaranlagen einfügen, denn sie sind ein typisches Bauelement der heutigen Zeit.

Zurück